Donnerstag, 30. August 2007

sind Ihnen meine Reden nicht ganz geheuer, wollen wir das Thema wechseln, wollen wir noch eine Flasche öffnen, Sie sagen doch wohl nicht nein, Sie Philantrop, es ist ein herrlicher Wein, etwas vom Besten, was diese Welt hervorbringt, modicum, oder gefallen Ihnen etwa die Damen nicht, sind sie Ihnen zu aufdringlich,
ach, oh je, ich weiss, Sie möchten sich verabschieden, sie möchten gehen und wissen nicht, wie Sie das bewerkstelligen sollen, ohne dass wir Sie auch gleich ins Straflager stecken, Sie wissen, dass wir Sie ohne weiteres auch etwas festnehmen könnten, das ist Ihnen doch klar, lass nicht ungerühmt mich zu den Schatten hinabgehn, so liesse ich den Lagerkommandanten reden, sagte unser Freund, und fügte, etwas unsicher geworden, hinzu, dass die Menschheit doch wohl glücklich sein könne, dass er nicht Schriftsteller sei, wenn er nämlich Schriftsteller wäre, so würde er lauter solche Geschichten verfassen, solche oder noch viel entsetzlichere, sådan är min vän, das Entsetzliche entspannt mich, sagte er lächelnd, das Aergste, ich brauche das Aegste, um von den Erregungszuständen wegzukommen, in die ich immer wieder gerate, ja, gerate, sådan är min älskade,
warum wir wollen, dass die Menschheit weiterexistiert, nescimus quid loquitur, wir wollen, dass die Menschheit weiterexistiert, weil wir glauben, in ihr auch selber weiterzuexistieren, wir wollen Kinder in die Welt setzen, im eigentlichen und im übertragenen Sinn, und diese Kinder sollen die Macht, die wir schon erlangt haben, erweitern und vergrössern, oder, um es anders auszudrücken,


unsere Bücher sollen auf den Büchergestellen der Späteren stehen, unsere Namen sollen sich Ihnen einprägen, nur die Muse gewährt, ja mehr noch, unsere Gedanken sollen ihre Köpfe erfüllen, wir wollen sie lenken, wir wollen für sie Gesetze machen, ihnen die Gebete vorschreiben, wir wollen ihr Gott sein, ipse enim pater, was hält uns zusammen, was gewährleistet, dass wir uns in dieser modernen Welt zurechtfinden, wir finden uns zurecht, weil diese Welt gar nicht so modern ist, wie es den Anschein macht, wir haben uns noch nicht weit von der Natur entfernt, wir finden uns zurecht, wir halten uns, weil das meiste, was uns begegnet, auch anderen Lebewesen begegnet, einiges Leben dem Tod,
unser Alltag unterscheidet sich nur wenig vom Alltag eines Reptils, eines Wurms, einer Eule, eines Schweins, amat vos, das wahre Leben ist Bewegung, Entfaltung, Freude und damit Musik, das wahre Leben ist aber auch Untergang, Trauer, Verzweiflung und gerade darin auch wieder Musik, I Jerusalems döttrar,
wir lehnen diese Ordnung ab, sagte der Herr mit dem gutmütigen Gesicht, das ist klar, ganz klar, es ist ja gar keine Ordnung, es ist eine Unordnung, eine ungeheure Unordnung, eine richtige Sauordnung, oder nein, noch etwas viel Schlimmeres, etwas wahrhaft Ungeheuerliches, wenn es nur eine Sauordnung wäre, würden wir nicht weiter Worte darüber verlieren, morgen werde ich ordentlich, es ist aber etwas Neues entstanden, neue unbekannte Formen, ordentlich, man hat unsere Institutionen besetzt und führt sich dort auf, als ob nichts geschehen wäre, als ob noch immer tüchtige, stolze und pflichtbewusste Bürger am Ruder des Staatsschiffes stehen würden, den Kreuzbrunnen wieder, es werden weiterhin schöne Reden geführt, aber diese Reden sind für uns Weise Reden von rasender Dummheit,

Dienstag, 28. August 2007

ein bewundernswerter Verein hat sich entwickelt, das darf man wohl sagen,
                                         
ein merkwürdiger Verein, die Art und Weise, mit welcher er den schönen Schein aufrechterhält, ist absolut bewunderswert, solche Leistungen waren bisher nicht selbstverständlich, solche Leistungen gelingen nur jenen, die es verstehen, in die soliden alten Kleider zu schlüpfen und damit Theater zu spielen, den Kreuzbrunnen wieder, während man früher fleissig war, pflichtbewusst, anständig, treu, so spielt man heute den Fleissigen, den Pflichtbewussten, den Anständigen und den Treuen so perfekt, dass man den Betrug selber glaubt, es wimmelt nur so von diesen neuen Gläubigen,
morgen werde ich ordentlich den Kreuzbrunnen wieder trinken und dann bald wieder ein ordentlicher Mensch mit Folge werden, dem Weisen sind es Hanswurste, Myrrhen und Aloe, wenn es wenigstens Zyniker wären, böse Spötter, die sich über die Spielchen amüsieren, die sie veranstalten, aber es sind keine boshaften Zyniker und Ausbeuter, es sind ernsthafte Fleiss-Darsteller, gläubige Idioten, die an die hohlen Reden, die sie verbreiten, glauben, die an die Zukunft glauben, die an ihre Versprechungen glauben, an ihre Tatkraft, ihre Umsicht, ihre Projekte, was, meine Gute, was, meine Wunderbare, sagte der Herr mit Anzug und Kravatte, können wir Menschen der Wahrheit, wir Aufrichtigen, Aufrechten, Redlichen, unter diesen Umständen tun,
Mensch mit Folge, wir wenden uns natürlich von diesen elenden Zuständen ab, wir wollen möglichst nichts davon sehen und nichts davon hören, wir wollen mit allen diesen Ungeheuerlichkeiten nicht das Geringste zu tun haben, und schaudert es, uns graust es, aber wir wenden uns nur in der Theorie von dieser Welt ab, in der Praxis sind wir mit ihr auf das engste verknüpft und verbunden, wir leben in ihr, wir leben von ihr, so wie die andern, die Parasiten, genau so, wir sind selber ein Parasit und haben ein Interesse daran, dass unser Wirtstier noch eine Weile weiter existiert, there's no water,
wir unterstützen das Ganze, ja, du hörst richtig, du Grossartigste, unterstützen die Sache aktiv, wir lächeln, wenn etwas ganz besonders Dummes gesagt worden ist, wir stimmen bei, wir helfen sogar mit, wenn es darum geht, den Kult zu zelebrieren, wir tun es den anderen gleich, in your well, wie sollten wir es ihnen nicht gleichtun, wir lassen die Dummen für uns wirken, die seltsame Bande, den neuen Verein, der an die Macht gelangt ist und sich dort halten kann, viel besser und leichter als die infamsten und verschlagensten Herrscher, und all die trefflichen Würzen, es funktioniert, man glaubt es kaum, es funktioniert wunderbar, besser als je zuvor etwas funktioniert hat, wie unvollkommen doch diese früheren Zustände waren, wie instabil die Sklavenhaltergesellschaften der Antike, wie zerbrechlich die feudalistischen Gebilde des Mittelalters, wie fiebrig und krank diese Moderne mit ihrem Liberalismus, ihrem Kapitalismus, ihrem Sozialismus,
wir wollen indessen in Demut und Bescheidenheit, wenn es je wahre Herren der Geschichte gab, so sind wir diese wahren Herren, sagte der Herr lächelnd, dem Fernern entgegengehen, und was müssen wir tun, damit diese Zustände weiterhin so erfreulich bleiben, wie sie es jetzt sind, die Antwort ist einfach, die Antwort ist wunderbar, wir müssen nichts tun, gar nichts, nur schweigen, zugegeben, das Schweigen ist manchmal etwas anstrengend, aber diese Anstrengung werden wir doch wohl noch auf uns nehmen können, es ist ja die einzige Anstrengung, die wir noch kennen,