Samstag, 25. März 2017

Donnerstag, 23. März 2017


und Sie finden die Empfehlungen des Orthopäden, dem Sie ihren Senkfuss gezeigt haben, Uebung täglich zwei mal zehn Minuten ausführen, vorher Fussbad mit Chäslikraut, das finden Sie, aber die Euphrosyne ist verschwunden, die finden Sie nicht mehr, das gibt zu denken, dieses Verschwinden und Versinken selbst des Grössten, signatus est enim, warum begeistern Sie sich für das Gute und Schöne und vergessen es dann in ein paar Wochen wieder, und füllen ihren Geist wieder mit anderem ab, wenn dieses Andere wenigstens einigen Wert besässe, aber Sie begeistern sich an nichts und wieder nichts, vorher Fussbad mit Chäslikraut, das ist es, so steht es mit ihnen, das ist ihr Text,

 

Dienstag, 14. März 2017


vorher Fussbad mit Chäslikraut, aus völlig anderen Motiven und in ganz anderer Weise bediente sich ein Kollege unseres Juden­arztes der LTI, Doktor P. hatte sich vor 1933 ganz und gar als Deutscher und als Arzt gefühlt und keine Zeit an Probleme der Religion oder der Rasse vergeudet, er hatte den Nazismus für eine Verirrung oder eine Erkrankung gehalten, die ohne Katastrophe vorübergehen würde, dein prüst der weintrauben sunderlich, so ist sie auch, wenn sie sich in dieser Freud befindet, in derselben also vertieft und verzückt, et dabitur liber nescienti litteras, jetzt war er ganz aus seinem Beruf geworfen, tat zwangsweise Fabrikarbeit und war der Obmann einer Gruppe, der ich selbst längere Zeit angehörte,

hier äusserte sich seine Verbitterung auf eine merkwürdige Weise, er eignete sich alle juden­feindlichen Aeusserungen der Nazis, speziell Hitlers, an und bewegte sich immerfort derart in dieser Ausdrucksweise, dass wahrscheinlich er selber nicht mehr beurteilen konnte, wieweit er den Führer, wieweit er sich selber verspottete und wieweit ihm diese Sprechart der Selbsterniedri­gung zur Natur geworden war, so riefst du, in derselben also vertieft und verzückt, dass sie gleichsamb nicht bey ihr selbsten ist, als ein carmel, so hatte er die Gewohnheit, keinen Mann seiner Judengruppe anzureden, ohne die Bezeichnung Jude vor seinen Namen zu setzen, Jude Mahn, hier ist dein Krankenschein für den Zähne­juden, andere von ihnen hatten die Erlaubnis, die Trambahn zu benutzen, andere mussten zu Fuss gehen,

 

Montag, 27. Februar 2017


man unterschied demnach zwischen Fahrjuden und Laufjuden, und unterhielt man sich in den Esspausen über irgendein Problem unserer Lage, so zitierte der Ob­mann die einschlägigen Sätze Hitlers mit solcher Ueberzeugung, dass man sie für seine eigenen Worte und Ueberzeugungen halten musste, diceturque ei lege et respondebit, sondern befindet sich in einer so göttlichen Trunkenheit, dass sie nicht weiss, was sie wolle oder was sei begehre, ist dein haupt, er hat lange Sätze des Führers auswendig gekonnt, wir nahmen die Schrullen, um nicht zu sagen, diese Besessenheit des Obmanns manchmal be­lustigt, manchmal resigniert hin, mir selber schien sie symbolisch für die gänzliche Unterworfen­heit der Juden,

Montag, 20. Februar 2017

Donnerstag, 16. Februar 2017


der Herr sprach, wenn sie von diesem Schlaf und dieser himmlischen Trunkenheit wieder erwachet, so verbleibet sie gleichsamb bestürzt und allverwundert und gleichsamb in einem heiligen Aberwitz, nescio litteras, in einem heiligen Aberwitz sind ja auch wir, oder etwa nicht, sehen wir es nicht jeden Tag deutlicher, dein hals, so dass mich gedünket, sie könne wol sagen, deine Brüst seynd besser als Wein, et dixit Dominus, ja, so, wie, was, wirklich, schlimme Sachen, zusammen ist geclaubt,

 

Mittwoch, 1. Februar 2017




sind schlimme Sachen passiert, ja, oder nein, ja, schon wieder, immer wieder die gleichen schlimmen Sachen, nun, es sind schlimme Sachen passiert, wieder, wir geben es zu, aber diese schlimmen Sachen sind jetzt vorbei, und alles ist wieder gut, alles ist wieder so, wie es vorher war, oder fast so, wie es vorher war, lasset uns doch einmahl aufwachen,

Mittwoch, 25. Januar 2017


nur das Sofa ist weg, das grosse breite Sofa, das von allem Anfang an da war, ist weg, aber deswegen hat das Leben nicht aufgehört, es hat nur beinahe aufgehört, als kräf­tige Männer mit lauten Stimmen das Sofa aus dem Haus trugen, hat das Leben beinahe aufge­hört, umb Gottes Willen, ein kritischer Augenblick war das gewesen, was wissen wir denn von diesen Kerlen, wie gefähr­lich sind sie, tragen sie nur das Sofa fort, oder tragen sie auch anderes fort, tragen sie auch alles ande­re fort und lassen uns in einer leeren Welt zugrundegehen, oder schlagen sie uns gleich auch tot, von diesem Schlaf der Welt, aber die Männer verschwanden so rasch, wie sie gekommen waren,

Freitag, 20. Januar 2017

Sonntag, 15. Januar 2017


tschüss, so riefen sie, tschüss, und sie werden doch wohl nicht wieder kommen, aber die Angst, dass sie wieder kommen, wird bleiben, solche Aengste werden wir nicht los, erlesen ist er, im übrigen, dreckig werden die Schwarzen erst, wenn ihnen die Missionare Kleider anziehen, in ihrer Naturkluft sind sie ganz sauber, für einen Missionar aber ist der Gestank eines Menschen ein himmlischer Wohlgeruch, sie sind ja selbst Säue, alles und jedes,

die europäisch-intellektuelle Welt, Universitätsprofessoren, höhere Beamte, denen ein Wissen blöde eingetrichtert ist, die haben es nicht kapiert, auf gewissen Gebieten wirkt jede professorale Wissenschaft verheerend, sie führt vom Instinkt weg, darum werde ich, es geschehen eben immer irgendwo schlimme Sachen, und es geschehen weiterhin schlimme Sa­chen, nur selten oder eigentlich nie bei uns, meistens bei anderen, die Männer, die das Sofa wegtrugen, sind ja jetzt bei anderen und tragen bei anderen Sachen weg, eo quod adpropinquat, Gastprofessuren, Kansas State University, Kurator, Utopie-Forschung, niederösterreichischer Kafka-Preis, Vorsitzender, Ehrenbürger, Mitherausgeber, Literaturanthropologie, Mitarbeiterin am Institut für Ästhetik, Transformationen der Antike, Künstlermythen, Geschichte der Gartenkunst, Big River,