Sonntag, 30. April 2017


die Menschen wissen es nur noch nicht, sie werden eines Tages darauf kommen und vermutlich wirklich einen Urknall erzeugen, nein, dann entsteht das Universum neu, sofern sie die richtigen Konstanten eingegeben haben, wenn sie sich bei einer Konstante auf der fünften Stelle hinter dem Komma irren oder vertippen, entsteht das Universum nicht mehr, wol gezirt in aller frist, nicht alles ist einfach in dieser Welt, glücklicherweise, mein Lieber, sonst hätten die Menschen die Welt schon zerstört, Zeit und Raum sind gebogen, gekräuselt, von Jetstreams durchzogen, von Gasen, Galaxien, Neutronen­sternen, Gravitationswellen erfüllt, und auch von schwarzen Löchern,

 

oh ja, schwarze Löcher, die Liebesphysiker werden das alles auch in der Liebesphysik entdecken, schwarze Liebeslöcher, wer da hineingerät, kommt nicht mehr zurück, lege istum, nein, man muss im übrigen nicht unbedingt hineinfallen, es gibt Mittel und Wege, sich einem schwarzen Loch bis auf einen Milliardstelmillimeter zu nähern, ohne dass man hineinfällt, es hängt dies von der eigenen Geschwindigkeit ab und auch von der Rotationsgeschwindigkeit des schwarzen Loches, dein gestalt der palm ist geleich,

es gibt im übrigen nicht nur in der Liebe schwarze Löcher, es gibt sie auch in Staat und Gesellschaft, es gibt sie haufenweise in der Wirtschaft, und sie alle haben ihre Funktion, sie stabilisieren, sie zerstören aber auch, was uns betrifft, so verehren wir dankbar alles Geschaffene, dankbar auch alle schwarzen Löcher, und freuen uns über unser glückliches Geschick, das uns immer wieder an ihnen vorbei geführt hat, wir haben sie umkreist, wir haben sie erforscht, wir haben aus ihnen Energie bezogen,

Samstag, 8. April 2017



et respondebit, wir haben, was uns betrifft, eine ganz gehörige Portion Liebeskraft in uns, wir sind eine Art Liebesgestirn, das sich bisher auf seiner weiten Reise durch das All als unzerstörbar erwiesen hat, non possum, unzerstörbar, aber nicht unverwundbar, dein prüst, die Russen werden nicht alt, fünfzig bis sechzig Jahre, warum sollen wir sie impfen, man muss da wirklich unseren Juristen und Aerzten Gewalt antun, nicht impfen, nicht waschen, siehe, nicht impfen, nicht waschen, mein liebliches Kind,

 

was haben Sie im übrigen mit meinem Gedicht gemacht, ich dachte einmal, Sie würden es auswendig können, Sie haben es auswendig gelernt und viele Tage jeden Tag vor sich hingesprochen, Sie haben es auswendig niedergeschrieben, auf ihrem PC, und Sie haben es ausgedruckt und auf weissen Blättern mit sich herumgetragen, diese weissen Blätter lagen lange neben ihrem Bett, mein liebliches Kind, so hiess es dort, wo sind sie jetzt, diese Blätter, jetzt suchen Sie sie, finden Sie aber nicht, Sie finden nur die Teilnehmerliste des Schachturniers, an dem Sie vor mehr als einem Jahr teilgenommen haben, vor mehr als einem Jahr,

 

Samstag, 25. März 2017

Donnerstag, 23. März 2017


und Sie finden die Empfehlungen des Orthopäden, dem Sie ihren Senkfuss gezeigt haben, Uebung täglich zwei mal zehn Minuten ausführen, vorher Fussbad mit Chäslikraut, das finden Sie, aber die Euphrosyne ist verschwunden, die finden Sie nicht mehr, das gibt zu denken, dieses Verschwinden und Versinken selbst des Grössten, signatus est enim, warum begeistern Sie sich für das Gute und Schöne und vergessen es dann in ein paar Wochen wieder, und füllen ihren Geist wieder mit anderem ab, wenn dieses Andere wenigstens einigen Wert besässe, aber Sie begeistern sich an nichts und wieder nichts, vorher Fussbad mit Chäslikraut, das ist es, so steht es mit ihnen, das ist ihr Text,

 

Dienstag, 14. März 2017


vorher Fussbad mit Chäslikraut, aus völlig anderen Motiven und in ganz anderer Weise bediente sich ein Kollege unseres Juden­arztes der LTI, Doktor P. hatte sich vor 1933 ganz und gar als Deutscher und als Arzt gefühlt und keine Zeit an Probleme der Religion oder der Rasse vergeudet, er hatte den Nazismus für eine Verirrung oder eine Erkrankung gehalten, die ohne Katastrophe vorübergehen würde, dein prüst der weintrauben sunderlich, so ist sie auch, wenn sie sich in dieser Freud befindet, in derselben also vertieft und verzückt, et dabitur liber nescienti litteras, jetzt war er ganz aus seinem Beruf geworfen, tat zwangsweise Fabrikarbeit und war der Obmann einer Gruppe, der ich selbst längere Zeit angehörte,

hier äusserte sich seine Verbitterung auf eine merkwürdige Weise, er eignete sich alle juden­feindlichen Aeusserungen der Nazis, speziell Hitlers, an und bewegte sich immerfort derart in dieser Ausdrucksweise, dass wahrscheinlich er selber nicht mehr beurteilen konnte, wieweit er den Führer, wieweit er sich selber verspottete und wieweit ihm diese Sprechart der Selbsterniedri­gung zur Natur geworden war, so riefst du, in derselben also vertieft und verzückt, dass sie gleichsamb nicht bey ihr selbsten ist, als ein carmel, so hatte er die Gewohnheit, keinen Mann seiner Judengruppe anzureden, ohne die Bezeichnung Jude vor seinen Namen zu setzen, Jude Mahn, hier ist dein Krankenschein für den Zähne­juden, andere von ihnen hatten die Erlaubnis, die Trambahn zu benutzen, andere mussten zu Fuss gehen,

 

Montag, 27. Februar 2017


man unterschied demnach zwischen Fahrjuden und Laufjuden, und unterhielt man sich in den Esspausen über irgendein Problem unserer Lage, so zitierte der Ob­mann die einschlägigen Sätze Hitlers mit solcher Ueberzeugung, dass man sie für seine eigenen Worte und Ueberzeugungen halten musste, diceturque ei lege et respondebit, sondern befindet sich in einer so göttlichen Trunkenheit, dass sie nicht weiss, was sie wolle oder was sei begehre, ist dein haupt, er hat lange Sätze des Führers auswendig gekonnt, wir nahmen die Schrullen, um nicht zu sagen, diese Besessenheit des Obmanns manchmal be­lustigt, manchmal resigniert hin, mir selber schien sie symbolisch für die gänzliche Unterworfen­heit der Juden,

Montag, 20. Februar 2017