Samstag, 29. November 2008
bianco, wir hätten schon längst im Bett sein sollen, aber wir wollten unbedingt noch ein Buch, das meine Mutter in kräftiges, zähes Packpapier eingefasst hatte, beschriften, und zwar schön beschriften, weil es ein wichtiges Buch war, ein Buch für den wichtigsten Unterricht, den es gab, einen Unterricht, den nicht der Lehrer erteilte, sondern der Pfarrer höchstpersönlich, ein Buch für den Religionsunterricht, hans lockar palmträdsvippor, wie geheimnisvoll lautete doch der Name des Buchs, Katechismus, Katechismus hiess es, was soll da mit mir passieren, was soll aus mir werden, wenn man mir jetzt einen Katechismus gibt, etwas ganz Neues, Unerhörtes, Fremdartiges, Merkwürdiges, dass du so uns beschwörst,
und das für einen langen Gebrauch eingefasste Buch muss nun noch beschriftet werden, der kleine Mann will es unbedingt noch beschriften, dieses Zauberwort, so verspricht nun der Knirps, den die Mutter und die junge schöne lachlustige Tante schon längst im Bett haben wollten, soll nun noch in den schönstmöglichen Buchstaben auf den Umschlag gesetzt werden, auserkoren vnter viel tausent, nun, man lässt ihn, er soll es machen, aber hoffentlich nicht falsch, wenn es falsch ist, sagt die Mutter, fasse ich das Buch nicht noch einmal ein, und er schreibt und schreibt, wenn es falsch ist, ruft die Tante, wird dir der Pfarrer ganz schön die Ohren stehen lassen, e vermiglio, und er schreibt und zeigt das Buch schliesslich stolz der Tante, die sofort einen Lachanfall bekommt und fast vergeht vor Lachen, und nur immer wieder ruft, Katechisimus, ruft sie, Katechisimus, und für ihn geht die Welt unter, alles ist in Frage gestellt, das Wichtigste und Heiligste, der Katechismus war zu einem dummen Isimus geworden,
die Mutter nimmt das Buch und streicht das überflüssige i durch, aber das geht nicht, das sieht scheusslich aus, der Herr Pfarrer muss denken, dass wir alle Tubeli sind, die Mutter, die Tante, der kleine Bub, alles schöne Tubeli, sein heupt ist das feinest Gold, Katechisimus, och svarta såsom korpen, was wird der Herr Pfarrer denken, was das für Tubeli sind, was sind das für Tubeli, was verstehen die, was soll man diese kleinen dummen Buben lehren, o thou fairest among women,
geh jetzt ins Bett, wir machen die Sache selber, wir fassen wir das Buch nochmals neu ein, die gütige und geschickte Mutter fasst es nochmals neu ein, und die kluge Tante wird es beschriften, sie wird das doch wohl noch können, sie hat eine schöne Schrift, geh zu Bett, schön bist du, und träume den Traum, in dem du die Sprache beherrschest, in dem dir die Worte zur Verfügung stehen, alle Worte, meine Freundin, hohe Worte, schöne Worte, herrliche Worte, du wirst sie benötigen, seine Locken sind kraus, Episteln, Elegien, Huldigungen, Studien, Danksagungen, Belehrungen, Stammbuchblätter, Begrüssungsstanzen, Korrespondenzen, Widmungsgedichte, Feuerball des grossen Gedichts, yea, das Gedicht ist so schön, dass man den Eindruck davon, bei den schlechten Zuständen, in denen man lebt, nicht in sich behalten kann und dass man immer von neuem erstaunt, wenn man es wieder liest, che ha il tuo diletto di diverso da un altro,
Dienstag, 25. November 2008
man müsste ein ganzes Buch schreiben, um alle grossen Verdienste dieses Gedichts nach Würden zu schätzen, man tut wohl, es alle Jahr einmal zu lesen, um immer wieder daran zu lernen und den Eindruck seiner grossen Schönheit aufs neue zu empfinden, bagnati nel latte, Sie können es aber nicht mehr auswendig, dieses Gedicht, geben Sie es zu, und begeben sich damit in Gefahr, dieses Gedicht ist Ihr Pass, vergessen Sie das nicht, Ihr Eintrittspass, schwartz wie ein Rabe, zerstückeln Sie es nur, vielleicht hilft das, man weiss ja nie, hans ögon, bei der Hauptprobe von König Johann, worin sie den Arthur spielte, zeigte Christiane Neumann nicht genug Entsetzen vor dem glühenden Eisen, ungeduldig hierüber, riss Goethe dem Darsteller des Hubert das Eisen aus der Hand und stürzte sich mit solch grimmigem Blick auf das Mädchen zu, dass dieses entsetzt und zitternd zurückwich und ohnmächtig zu Boden sank, erschrocken kniete nun Goethe zu ihr nieder, nahm sie in die Arme und rief nach Wasser, likna duvor, als sie die Augen wieder aufschlug, lächelte sie ihm zu, küsste seine Hand und bot ihm den Mund zum Kuss, Dummheiten und Verwirrungen, nur wenige gelangen zum Ziel, die anderen gehen an den umfassenden Dummheiten und Verwirrungen zugrunde, Taubenaugen, Zungenkuss, wie mundet ihnen das, dein Haar eine blinkende Ziegenherde, auch ist die ewige Opposition und Missbilligung seinen vortrefflichen Werken selbst, so wie sie daliegen, höchst schädlich, denn nicht allein, dass das Unbehagen des Dichters sich dem Leser mitteilt, sondern auch alles opponierende Wirken geht auf das Negative hinaus, und das Negative ist nichts, auf dem Berge Gilead, wenn ich das Schlechte schlecht nenne, was ist da viel gewonnen, nenne ich aber gar das Gute schlecht, so ist viel geschadet, invid vattenbäckar, nur die geistigsten Menschen haben die Erlaubnis zur Schönheit, zum Schönen, nur bei ihnen ist Güte nicht Schwäche, pulchrum est paucorum hominum, das Gute ist ein Vorrecht, nichts kann ihnen dagegen weniger zugestanden werden als hässliche Manieren oder ein pessimistischer Blick, ein Auge, das verhässlicht, oder gar eine Entrüstung über den Gesamt-Aspekt der Dinge, die Entrüstung ist das Vorrecht der Tschandala, der Pessimismus desgleichen, die Welt ist vollkommen, so redet der Instinkt der Geistigsten, der jasagende Instinkt, die Unvollkommenheit, das Unter-uns jeder Art, die Distanz, das Pathos der Distanz, der Tschandala selbst gehört noch zu dieser Vollkommenheit,
what is, die geistigsten Menschen, als die Stärksten, finden ihr Glück, worin andere ihren Untergang finden würden, im Labyrinth, in der Härte gegen sich und andre, im Versuch, ihre Lust ist die Selbstbezwingung, der Asketismus wird bei ihnen Natur, Bedürfnis, Instinkt, die schwere Aufgabe gilt ihnen als Vorrecht, mit Lasten spielen, die andre erdrücken, eine Erholung, thy beloved, Erkenntnis eine Form des Asketismus, more than another beloved, sie sind die ehrwürdigste Art Mensch, das schliesst nicht aus, dass sie die heiterste, die liebenswürdigste sind, sie herrschen, nicht weil sie wollen, sondern weil sie sind, es steht ihnen nicht frei, die zweiten zu sein, o tu, das Salz der Urmeere ist in unserem Blut, ihr Kalk in unseren Knochen,
jedesmal, wenn wir an einem Strand entlang gehen, befällt uns ein Urtrieb, und wir legen Schuhe und Kleider ab, oder wir stöbern zwischen Seetang und gebleichtem Treibholz herum, wie die heimwehkranken Vertriebenen eines langen Krieges, seine Augen sind wie Taubenaugen an den wasserbechen, Literatur sei keine Literatur, wenn sie nicht begeistere, wenn sie nicht verzaubere, Literatur müsse verzücken, nur die Verzückungsliteratur sei Literatur, duvor som bada sig i mjölk, mit vierzig aber, so sagte er, habe er dann aber bemerken müssen, dass er auf das Schreiben angewiesen sei, das Schreiben sei für ihn aus therapeutischen Gründen notwendig geworden, im Alter würden eben die üblichen Trostmittel weniger wirksam, im Alter sei,
das würden auch die Aufzeichnungen seiner Mutter zeigen, das Schreiben ein wirksames Beruhigungsmittel für die im Alter naturgemäss immer weniger strapazierfähigen Nerven, la più bella fra le donne, man dürfe das Schreiben natürlich nie als Literatur bezeichnen, das sei grössenwahnsinnig, man dürfe es nur als persönliches Heilmittel betrachten, und das Niedergeschriebene dürfe man niemals unter die Leute bringen, man müsse die Drogen und Gifte, die man benötige, um sich über Wasser zu halten, für andere unzugänglich aufbewahren, im Giftschrank, sagte er, im Giftschrank, o thou, gerade das Beste und Wirksamste gehöre unter Verschluss,
die Menschen würden, so fuhr er fort, mit seinen Texten ganz gewiss nicht zurande kommen, es würden sich gewiss alle nur aufregen, was ganz falsch wäre, denn die Texte seien ja zur Beruhigung geschrieben, nicht zur Aufregung, und die Menschen könnten ja, wenn sie aufgeregt seien, sehr ungemütlich werden, sie gehen ja so leicht aufeinander los, und als Autor möchte man nicht dafür verantwortlich sein, wenn sich die Leute die Haare ausrissen, mi amado es blanco y rubio, und wenn er abschliessend noch etwas sagen dürfe, so wäre es dies, dass er von allem Anfang an und nachher sein ganzes Leben lang ein tiefes, festes Gefühl für die Nutzlosigkeit aller Reden bezüglich der Gesellschaftsordnung gehabt habe, er äussere sich gerne, wenn es um das Essen oder Trinken gehe, oder um andere Kleinigkeiten und alltägliche Dinge, er versuche auch, im Kleinen Misshelligekiten und Verdrüsse zu verhindern, was ihm manchmal sogar gelinge, manchmal aber auch nicht,
och sitta invid bräddfull rand, aber er würde sich nie anmassen, sich zur Gesellschaft zu äussern, die Gesellschaft sei etwas absolut Undurchdringliches, Selbstläufiges, Chaotisches, es sei jeder ein gemeingefährlicher Schwachkopf, der glaube, er könne bezüglich dem grossen Gang der Dinge etwas bewirken,
Sonntag, 23. November 2008
Head Study of Emma Hamilton as Miranda, benedictus es qui intueris abyssos et sedes super cherubin et laudabilis et superexaltatus in saecula, utopische Erwartungen, ich wollt ich könnt auf Ihrer Hand ruhen, in Ihrem Aug rasten, on women, benedicite angeli Domino laudate et superexaltate eum in saecula, ungeheuer erregt, Meditation des heiter gelassenen Widerspiegelns, tenebrae 712, ein scharff=geschliffen schwerd das tieffe wunden hauet,
Samstag, 22. November 2008
colonne di alabastro, die Gesellschaft löse sich auf in einen Brei von eitlen, Schriftstellerei treibenden Volksrednern und Glückspilzen und städtischem und ländlichem Gesindel und Tagelöhnern, seine Locken Dattelpalmenblätter, auf jeden Fall sei die Schaffung einheimischer Kirchen für grössere Gebiete zu verhindern, in unserem Interesse könne es lediglich liegen, wenn jedes Dorf seine eigene Sekte habe, die ihre eigenen Gottesvorstellungen entwickle, mit milch gewasschen, selbst wenn sich auf diese Weise in einzelnen Dörfern Zauberkulte, wie bei den Negern und Indianern, bilden sollten, könnten wir das nur begrüssen, weil es die Zahl der trennenden Momente nur vermehre, hvad er din elskede fremfor andre elskede,
wer recht wirken will, muss nie schelten, sich um das Verkehrte gar nicht bekümmern, sondern nur immer das Gute tun, denn es kommt nicht darauf an, dass eingerissen, sondern dass etwas aufgebaut werde, woran die Menschheit reine Freude empfinde, magnifico, ich hätte die Erbärmlichkeit der Menschen und wie wenig es ihnen um wahrhaft grosse Zwecke zu tun ist, nie so kennen gelernt, wenn ich mich nicht durch meine naturwissenschaftlichen Bestrebungen an ihnen versucht hätte, señalado entre diez mil, da aber sah ich, dass den meisten die Wissenschaft nur etwas ist, insofern sie davon leben, und dass sie sogar den Irrtum vergöttern, wenn sie davon ihre Existenz haben, vnd stehen, und in der schönen Literatur ist es nicht besser, auch dort sind grosse Zwecke und echter Sinn für das Wahre und Tüchtige und dessen Verbreitung sehr seltene Erscheinungen, einer hegt und trägt den andern, weil er von ihm wieder gehegt und getragen wird, und das wahrhaft Grosse ist ihnen widerwärtig, und sie möchten es gerne aus der Welt schaffen, damit sie selber nur etwas zu bedeuten hätten,
in der fülle, viele sind geistreich genug und voller Kenntnisse, allein sie sind zugleich voller Eitelkeit, und um sich von der kurzsichtigen Masse als witzige Köpfe bewundern zu lassen, haben sie keine Scham und keine Scheu und nichts ist ihnen heilig, aus der Schwemme steigend, die Frau von Genlis hat daher vollkommen recht, wenn sie sich gegen die Freiheiten und Frechheiten von Voltaire auflegte, denn im Grunde, so geistreich alles sein mag, ist der Welt doch nichts damit gedient, es lässt sich nichts darauf gründen, all zwillings-trächtig, ja es kann von der grössten Schädlichkeit sein, indem es die Menschen verwirrt und ihnen den nötigen Halt nimmt, kein Missfall, donc,
Mittwoch, 12. November 2008
und dann, was wissen wir denn, und wie weit reichen wir denn mit unserm Witze, kein Missfall unter ihnen, man wird diesem Land zum Menschenfeind, man wird böse, wenn man Menschen sieht, und man sieht so viele, man wird böse, weil es keinen gibt, der etwas Nützliches und Sinnvolles macht, donc, es gibt keinen, der nicht von irgendwelchen Subsidien und Hilfen und Mitteln lebt, die irgendeine Organisation mit immer mehr Mühe und Kunst zusammenkratzt, Millionen von Schlaumeiern leben hier, Schlaumeier und Nichtsnutze, Profiteure und Schmarotzer, aimons donc, komm auch heute, und sie fühlen sich dabei wohl, es ist ihnen sauwohl, es geht ihnen zwar nicht besonders gut, aber warum muss es ihnen unbedingt besonders gut gehen, wenn es doch ganz ordentlich geht, c’est maintenant, man lebt, das ist die Hauptsache, dass es eigentlich eine Schande ist, wie man lebt, dass es eine Sünde ist, das stört niemanden,
Freitag, 7. November 2008
c’est maintenant, zu mir, Hässlichkeit ist etwas Entsetzliches, rief er, Hässlichkeit ist nicht einfach Hässlichkeit, es ist auch Schlechtigkeit und Dummheit, in der Hässlichkeit, die uns umgibt, zu der wir verdammt sind, sehen wir die Fratze des Teufels, unsere Hässlichkeit ist ein Vorgeschmack der Hässlichkeit der Hölle, freudig, il me serra, Hässlichkeit und Bosheit und Dummheit gehören zusammen, that thou dost so charge us, Hässlichkeit entmutigt uns, raubt uns Lebenkraft, schwächt uns, bereitet uns vor für das Theater, das der Teufel noch mit uns spielen will, contre lui, erlöse vom Uebel, ich bin müde, über das Schicksal unsres Geschlechts von Menschen zu klagen, aber ich will sie darstellen, sie sollen sich erkennen, wo möglich wie ich sie erkannt habe und sollen, wo nicht beruhigter, so doch stärker in der Unruhe sein, avec fougue, jezo, nunmehro,
unsern jungen Malern fehlt es an Gemüt und Geist, ihre Erfindungen sagen nichts und wirken nichts, et puis de nouveau, sie malen Schwerter, die nicht hauen, und Pfeile, die nicht treffen, und es dringt sich mir oft auf, als wäre aller Geist aus der Welt verschwunden, il entra en moi, aber das können diese Sanscülotten nicht begreifen, und was uns anderen gross erscheint, erscheint ihnen grob, das Grosse ist ihnen unbequem, sie haben keine Ader, es zu verehren, sie können es nicht dulden, there, es ist zu arg, there must be, es ist zu arg, und man kann diese Verfinsterung der Köpfe kaum begreifen, meine betrübte Seele, gewähre, und der Fürst äusserte sich folgendermassen, wäre ich Gott gewesen, sagte er, im Begriff die Welt zu erschaffen, und ich hätte in dem Augenblick vorausgesehen, dass Schillers Räuber darin würden geschrieben werden, ich hätte die Welt nicht erschaffen, gewähre ihr alles, wir mussten lachen, je veux que tu jouisses, einer macht es ein wenig besser als der andere und schwimmt ein wenig länger oben als der andere,
Donnerstag, 6. November 2008
ich habe sie kennen gelernt, tu veux, tu me diras, so sind sie, tu me diras c’est maintenant, so sind sie, so und nicht anders, tu me diras ah voilà, ich sage immer, gewähre ihr, tu, ich sage immer, me diras, ich sage immer und wiederhole es, die Welt könnte nicht bestehen, wenn sie nicht so einfach wäre, ah, dieser elende Boden wird nun schon tausend Jahre bebaut, ça, bebaut, ah, und seine Kräfte sind immer dieselbigen, ça y est,
Dienstag, 4. November 2008
bis alle tot am Boden lagen, Jodelpassagen wechseln mit kurzen, einfältigen Texten, in remissionem peccatorum, und die befragten Sennen stimmten darin überein, der Kühreihen-Sänger müsste zuerst den ersten Vers aus dem Kühreihen-Lied in einer sehr sanften Melodie singen, now, und auf diesen erst seine Triller hersprudeln, worauf er diese beim zweiten und dritten Vers und bei allen nachfolgenden wiederhole, so dass wohl eine Stunde Zeit dazu vonnöthen sei, bis der damit ans Ende komme,
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